Ehrenmorde Geschichte

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Ulerika Zena
geboren: 1987
erdrosselt: 13. März 2003
Wohnort: Kusterdingen bei Tübingen
Herkunft: Albanien/Kosovo
Kinder: keine (sie war erst 16 J.)
Täter: ihr Vater Latif (zur Tat 42 J.)
Ulerika kommt als Zweijährige 1989 mit ihren Eltern nach Deutschland. Sie wächst bei Tübingen auf, ist gut integriert und wird sogar zur Schulsprecherin gewählt. Durch ihren westlichen Lebensstil sieht ihr Vater Latif seine Familienehre beschmutzt. Der Heizungsmonteur ist nicht religiös, aber sehr traditionell und patriarchalisch gesinnt. Als seine älteste Tochter sich in Mirsad verliebt (der zwar einen albanischen Vater, aber „nur“ eine bosnische Mutter hat), dreht ihr Vater durch und erdrosselt sie im Keller seines Hauses. Die Leiche wirft er in einen Baggersee. Später gibt die Mutter Hanife an, auch sein Rassenhass sei Ursache für den Mord gewesen.

Am nächsten Morgen meldet der Vater seine Tochter als vermisst und tischt der Polizei eine krude Entführungsgeschichte auf. Die hält er allerdings nicht lange durch und gesteht den Mord.

Er behauptet auch, es hätte genauso gut seine angeblich untreue Ehefrau treffen können. Zum Rassenhass kam offenbar Emanzipationshass und Freiheitshass hinzu.

Rückblick: Ulerikas Mutter Hanife war im Alter von 16 Jahren im Kosovo an einen ihr unbekannten Mann zwangsverheiratet worden. Ihre Schwester verheiratete man an seinen Bruder. Von Anfang an schlägt Latif seine Frau (und wohl auch seine Mutter). Mit 18 bekommt sie ihre erste Tochter, Ulerika. Danach flüchtet die Familie nach Deutschland. Dort belegt Hanife einen Sprachkurs – gegen den Willen ihres Mannes, der nie Deutsch lernt. Später sucht sie sich einen Job, zuerst in einer Bäckerei, dann in einem Altenheim. Je selbstständiger sie wird, desto schwerer misshandelt sie ihr Mann. Doch sie trennt sich nicht, weil er droht, sonst sie und die Töchter umzubringen.

Doch nach dem Mord an Ulerika lässt sich Hanife nach 18 Jahren gewalttätiger Ehe scheiden. Sie nimmt ihren Mädchennamen Gashi an und zieht mit ihren drei jüngeren Töchtern an einen anderen Ort. Im Januar 2005 erscheint ihr Buch: Mein Schmerz trägt Deinen Namen.

Der Vater wird im Dezember 2003 wegen Mordes aus niederen Beweggründen zu fünfzehn Jahren Haft verurteilt. Er droht noch aus dem Gefängnis heraus, seine Exfrau und die Töchter von einem Auftragskiller ermorden zu lassen. Außerdem würde sich nun seine albanische Familie um Ulerikas Freund Mirsad „kümmern“. Seine Revision wird abgewiesen. Wenn er wieder aus dem Gefängnis kommt, stellt er jederzeit eine Bedrohung für seine Exfrau und vor allem seine Töchter dar. Nach dem albanischen Gewohnheitsrecht, dem Kanun, ist er ohnehin unschuldig: ein Vater hat das Recht, seine Kinder umzubringen. Einige Verwandte, die ebenfalls in Deutschland wohnen, sehen das auch so und bemitleiden ihn offen.

Was ist ein Ehrenmord?

Ein Ehrenmord ist ein Mord im Namen der Ehre. Wenn ein Bruder seine Schwester ermordet, um die Familienehre wiederherzustellen, handelt es sich um einen Ehrenmord. Nach Ansicht von Aktivisten sind die häufigsten Gründe für Ehrenmorde, wenn das Opfer:

Fragen zu Ehrenmorden

  • die Zusammenarbeit in einer arrangierten Ehe verweigert.

  • die Beziehung beenden will.

  • das Opfer einer Vergewaltigung oder eines sexuellen Übergriffs war.

  • wurde beschuldigt, eine sexuelle Beziehung ausserhalb der Ehe zu haben.

Menschenrechtler gehen davon aus, dass jedes Jahr 100.000 Ehrenmorde verübt werden, von denen die meisten den Behörden nicht gemeldet werden und einige sogar von den Behörden selbst absichtlich vertuscht werden, zum Beispiel weil die Täter gute Freunde von örtlichen Polizisten, Beamten oder Politikern sind. Gewalt gegen Mädchen und Frauen ist immer noch ein ernstes Problem in Pakistan, Indien, Afghanistan, Irak, Syrien, Iran, Serbien und Türkei.

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