Häufige Fragen zum Thema Ehrenmord

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Was ist Ehre?

Die türkische Ehre, auf die sich ein Mörder beruft, hat nichts mit der deutschen Ehre zu tun, die einem zuteil wird, wenn man das Bundesverdienstkreuz erhält, hohen Besuch empfängt oder ein Versprechen gibt. Das leicht altertümlich klingende deutsche Wort drückt ein besonders positives, vornehmes, erhebendes Gefühl aus. In der Regel wird die Ehre verdient: Man ehrt einen Wissenschaftler für seine Forschung oder eine Politikerin für ihre Bemühungen um den Frieden.

In der türkisch-islamischen Kultur dagegen wird die namus nicht verdient, sondern verteidigt. Auch Seyran Ateş, eine der profiliertesten deutschen Frauenrechtlerinnen aus der Türkei, weist in ihrem Buch Der Multikulti-Irrtum auf die völlig unterschiedliche Bedeutung hin: „Wer in einem türkischen Zusammenhang namus hört, assoziiert damit zum überwiegenden Teil nicht etwas Positives, sondern eine Last, etwas, was es zu behüten gilt und wofür man bereit ist, sein Leben zu geben, etwas, was man ganz schnell verlieren kann und damit dann auch seine Existenzberechtigung.“ Denn wer seine Ehre nicht verteidigt, wird zum namussuz adam, zum ehrlosen Mann. Das ist „das Schlimmste“, was einem Türken passieren kann.

Die türkische Frau dagegen wird – vor allem, wenn sie jung ist – nicht als eigenständiges Wesen gesehen. Ihre Funktion ist, die Ehre der gesamten Familie zu tragen, inklusive Tanten und Onkel. Daher haben sämtliche Clan-Angehörigen das Recht (und die Pflicht), sich im Namen der Ehrverteidigung konstant in das Leben der Frau einzumischen. So wird die Ehre zu einem Instrument der totalen Kontrolle. Sie fördert Überwachung und Denunziation.

Denn die Ehre des Clans, die die Frau trägt, besteht aus ihrer sexuellen Enthaltsamkeit. Sie muss vor der Ehe Jungfrau sein und nach der Hochzeit treu. Das hört sich zunächst einmal lediglich konservativ an. Doch ein einziges Wort, ein einziger Blick kann die Ehre beschmutzen. Das bedeutet: Ein Vater kann seine Tochter einsperren, weil sie ihr Haar offen trägt oder sich nicht an die allgemeinen Regeln der Familie hält. Ein Ehemann kann seine Frau verprügeln, wenn sie ihm Widerworte gibt oder weil sie den Kassierer im Supermarkt seiner Meinung nach zu lange angeschaut hat. Ein Bruder kann seine Schwester erschießen, weil er glaubt, dass sie zu westlich lebt oder schlicht, weil sie kein Kopftuch tragen will.

Das Bundeskriminalamt bewertet Ehre als Motiv für Gewaltverbrechen so: »Der Fokus der Diskussion über die Motive und kulturellen Hintergründe richtete sich teilweise sehr vordergründig auf den Islam und die Türkei als Herkunftsland der Täter (und Opfer). Bei genauerer Analyse der gesicherten polizeilichen Daten ist allerdings erkennbar, dass wohl eher die auch nach der Migration andauernde starre Verwurzelung in vormodernen agrarischen Wirtschafts- und Sozialstrukturen und damit verbunden ein extrem patriarchalisches Familienverständnis die durchgängige Ursache für das Phänomen der sog. Ehrenmorde darstellen. – Das Verständnis von der Rolle der Frau ist in patriarchalischen Familienstrukturen teilweise mit Unterdrückung und extremer Reglementierung verbunden, wobei das männliche Familienoberhaupt und die männlichen Familienangehörigen sich in der Rolle der Garanten der Familienehre sehen.« Einfach ausgedrückt: Ehre ist nicht Teil der Religion, sondern ein Machtinstrument des Mannes gegen die Frau.

Was unterscheidet den Ehrenmord von einer „normalen“ Beziehungstat?

Es gibt auch in Deutschland Beziehungstaten, bei denen Männer ihre Partnerinnen oder Ex-Partnerinnen umbringen. Auch Westler benutzen gemeinsame Kinder, um Machtansprüche durchzusetzen.

Das Wichtigste dazu am Anfang: Für den Täter mag die Beziehungstat ähnlich motiviert sein wie der Ehrenmord. In beiden Fällen fühlt sich der Mann in seiner Ehre oder in seiner Männlichkeit verletzt und tötet. Aber es gibt sehr wohl einen Unterschied für die Frau. Im Westen werden Morde an Frauen fast ausschließlich von ihren Ehemännern oder Exmännern verübt. Es gibt keine Morde von Vätern, Onkeln oder Cousins. Die Bedrohung ist also eine ganz andere, ebenso die Möglichkeit, sich in Sicherheit zu bringen.

Selbst wenn es auf einem rückständigen niederbayerischen Hof noch eine vereinzelte arrangierte Ehe geben sollte, so könnte sich die Frau doch verweigern, ohne Angst haben zu müssen, dafür von ihrem Onkel getötet zu werden. Zusätzlich kann sie sich ans Frauenhaus, an soziale Helfer, an die Kirche und an die Polizei wenden. Die türkische Frau dagegen findet selbst in ihrer Community keine Unterstützung. Oft nicht einmal bei der Polizei oder in der Moschee. Im Gegenteil: Auch das sind Männergesellschaften, die am Erhalt ihrer Macht interessiert sind.

Ein weiterer Unterschied zwischen einem Ehrenmord und einer Beziehungstat liegt im Unrechtsbewusstsein: Ein Ehrenmörder ist sich in der Regel keiner (moralischen) Schuld bewusst. Im Gegenteil: Er hat etwas in seinen Augen sehr wertvolles getan. Sein Umfeld ist derselben Meinung und hat kein Interesse daran, mit der Justiz zu kooperieren, was die Aufklärung der Tat noch schwerer macht. Sollte trotzdem beispielsweise eine Schwester aussagen wollen, wird auch sie bedroht. Ein Beziehungstäter dagegen weiß in der Regel, dass er eine schwere Straftat begangen hat, die durch nichts zu entschuldigen ist.

Unter der Frage Wann ist ein Mord ein Ehrenmord? finden Sie Fragen aufgelistet, die helfen, den Unterschied zwischen der westlichen Beziehungstat und dem Ehrenmord genauer zu verstehen.

Wann ist ein Mord ein Ehrenmord?

Eine gängige Definition lautet: Ein Mord ist ein Ehrenmord, wenn der Täter als Motiv für seine Tat die Familienehre angibt. Doch das greift zu kurz: Denn es gibt Morde, die nur als Ehrenmord getarnt werden, in denen es in Wirklichkeit aber um etwas anders geht, zum Beispiel um Geld oder Land oder um die Vertuschung eines anderen Verbrechens, zum Beispiel Inzest. Auf der anderen Seite gibt es Mörder, die für die Ehre töten, sich aber hüten, das Wort Ehre überhaupt in den Mund zu nehmen.

Eine Beschreibung: Ein Ehrenmord wird in der Regel von einem männlichen Familienmitglied begangen: Vater, Bruder, Onkel, Cousin, Ehemann oder Exmann töten eine junge Frau, selten auch einen jungen Mann. Diese hat (oft nur minimal) gegen eine Familienregel verstoßen. Dadurch sehen die männlichen Familienmitglieder ihren Machtanspruch in Frage gestellt. Oft werden sie von den weiblichen Mitgliedern in ihren Rachegelüsten bestärkt. Um die Ordnung wiederherzustellen, wird das Mädchen getötet. Die Gemeinschaft sieht das Verbrechen als rechtmäßig an. Sie ist möglicherweise sogar stolz darauf.

Daraus leitet sich ab: Ein Ehrenmord wird in der Regel nicht im Affekt begangen. Zwar stehen die Männer unter einem enormen gesellschaftlichen Druck, den sie wegen ihres schwachen männlichen Egos nicht aushalten. Sie fühlen Hass und Hilflosigkeit, wenn sie immer wieder hören: „Was bist Du für ein ehrloser Mann? Du lässt es zu, dass Deine Frau ein freies Leben führt. Die knallt ja durch.» Ein Türke, der anders leben will, muss sich aus der Gemeinschaft entfernen. Will er in der Community bleiben, muss er sich ihren Regeln unterwerfen.

In einer Gesellschaft, in der individuelle Freiheit nichts, die Familie aber alles bedeutet, kann der ganze Clan in die Planung des Ehrenmords involviert sein. Das heißt: sämtliche Familienangehörige können die Frau verraten. Sie kann sich oft nicht einmal an ihre eigene Schwester wenden. Denn selbst ihre Mutter könnte sie in einen Hinterhalt locken. Wenn überhaupt, könnte Hilfe und Unterstützung ohnehin nur von einem Mann kommen. Aber das Mädchen darf mit keinem Mann außerhalb der Familie Kontakt aufnehmen, weil sie sonst die Ehre der Familie beschmutzt. Die einzigen, an die ein Mädchen sich wenden könnte, sind Vater und Bruder – um deren Macht es aber oft gerade geht. Genau diese beiden sind am Erhalt des totalitären Systems interessiert.

In einigen Fällen werden auch Männer Opfer eines Ehrenmords, zum Beispiel als Freund eines Mädchens oder als Homosexueller.

Ein Ehrenmord bezeichnet einen Mord nach einem ganz spezifischen Muster. Folgende Aspekte können bei der Identifizierung helfen:

  • Ist der Mord mit anderen Familienmitgliedern geplant oder handelt es sich um einen (nicht nur angeblichen) Einzeltäter?
  • War die Tat überhaupt geplant oder geschah sie tatsächlich im Affekt?
  • Ist der Täter nach der Tat bestürzt oder fühlt er sich im Recht?
  • Hält das Täterumfeld die Tat für richtig, und demonstriert die Familie Solidarität?
  • Gibt es Aussagen des Täters (nicht nur zur Tat), die sich auf die Ehre beziehen? Hat er früher schon einmal etwas mit seiner Ehre rechtfertigt?

Die Heirat war keine Liebesheirat, sondern eine Zwangsheirat oder arrangierte Ehe. Dazu gehört häufig, dass die Braut bei der Hochzeit sehr jung war, manchmal minderjährig. Braut und Bräutigam kannten sich vorher nur minimal.
Braut und Bräutigam sind miteinander verwandt, sie sind beispielsweise Cousin und Cousine. Einer der beiden reist im Rahmen einer Familienzusammenführung nach Deutschland (oder in den Westen) ein. Allerdings dauert es oft Monate oder Jahre, bis der Mann die Frau nachholt.

Kommt die Frau nach Deutschland, lebt sie jahrelang bei den Eltern des Mannes und führt deren Haushalt. Nicht, weil man sich so gut versteht, sondern weil die Eltern die Frau kontrollieren, während der Mann arbeitet oder aus anderen Gründen nicht zu Hause ist.

Die Frau kann während der Beziehung kein Deutsch lernen. Ein Kursbesuch wird ihr verboten. Oft darf sie nicht einmal allein aus dem Haus.

Nach Misshandlungen trennt sich das spätere Opfer vom Täter, was der Täter nicht akzeptiert. In einigen Fällen lebt ein bereits geschiedenes Paar (gegen den Willen der Frau) noch zusammen. In anderen Fällen bedroht und belästigt der Täter das Opfer massiv (Stalking).

Der Täter legt ganz unterschiedliche Maßstäbe an sein eigenes (sexuelles) Verhalten und an das des Opfers an. Er begründet dies durch die Geschlechterrollen. Zum Beispiel: Er selbst hat (tatsächliche oder behauptete) Affären, bringt aber seine Frau um, weil sie angeblich einen anderen Mann angeschaut hat.

Der Täter kommt aus einer Familie, die einen türkischen (marokkanischen, irakischen …) Ehrbegriff pflegt.
In Fällen, in denen der Täter nicht der Mann oder Exmann des Opfers ist, wird oft das jüngste männliche Familienmitglied ausgewählt, da er die geringste Strafe zu erwarten hat.

Wichtig: Selbstverständlich weist nicht jeder Ehrenmord all diese Aspekte auf. Die Auflistung hilft aber, Ehrenmorde besser zu identifizieren.

Wieviele Ehrenmorde gibt es?

Es gibt keine sicheren Zahlen zu Ehrenmorden in Deutschland. Nicht jeder Ehrenmörder nennt sein wahres Motiv. In vielen Gerichtsverhandlungen wird ein Ehrmotiv nicht untersucht und nicht benannt. Mädchen und Frauen werden ins Ausland verschleppt, dort ermordet und als vermisst gemeldet. Oder sie werden in den Selbstmord getrieben.

Zudem gibt es fragliche Fälle, zum Beispiel, wenn ein Mörder ein Ehrmotiv angibt, aber später für schuldunfähig erklärt wird.

Dieses Archiv listet die Ehrenmorde, die wir finden. Daraus folgt: Je mehr wir suchen, desto mehr finden wir. Je weniger wir suchen, desto weniger finden wir. Das gilt auch für andere “Studien”. Die Behauptung, man wisse, wieviele Ehrenmorde es in Deutschland gibt, hat eher etwas mit Agitation zu tun, in die eine oder in die andere Richtung. Diese Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen.

Für das Jahr 2018 finden sich in diesem Archiv:

Ehrenmorde in Deutschland 2018:
39
Schwere Mordversuche:
46 (+ 4 Ungeborenes)

Diese Zahlen sind aber vorläufig. Viele Fälle findet man erst, wenn der Prozess eröffnet oder ein Urteil gesprochen wird. Manche Morde findet man nie.

Zu den Tätern: Aus der Türkei kommen 12 Täter, aus Afghanistan 10. Aus Syrien kommen 16, davon 2 Palästinenser. Bei einem weiteren Palästinenser, der schon lange in Deutschland ist, ist die Herkunft unklar. Aus dem Irak kommen 4 Täter, davon 2 kurdische Jesiden. Aus dem Iran kommen 4 Täter. Jeweils 2 Täter kommen aus Kenia, Ägypten, Albanien und Bulgarien. Vermutlich sind 2 Täter aus Roma-Familien. Je ein Täter kommt aus Russland, Kasachstan, Bosnien, Serbien, Kroatien, Libyen, Tansania, Eritrea, Somalia, Tunesien und Algerien. Je ein Doppelmörder kommt aus dem Niger und aus Mosambik. Bei 7 Tätern ist die Herkunft unklar.

Das nur als Anhaltspunkt. Man kann davon ausgehen, dass einige Täter nicht die Wahrheit sagen zu ihrer Herkunft. Weitere Fälle werden im Laufe von 2019 eingefügt.

Für das Jahr 2017 finden sich in diesem Archiv:

Ehrenmorde in Deutschland 2017:
56 (+ 3 Ungeborene)
Schwere Mordversuche:
47 (+ 1 Ungeborenes)

Zu den Tätern: Aus der Türkei kommen 15 Täter, aus Afghanistan 18. Aus Syrien stammen 16, aus dem Irak 9, aus Albanien 5, ebenso aus Serbien. Jeweils 3 Täter kommen aus Indien und Pakistan, jeweils 2 aus Algerien, Rumänien, Kroatien und dem Iran. Jeweils ein Täter kommt aus Bangladesch, Aserbaidschan, Kasachstan, Libanon, Bosnien, Marokko, Tunesien, Ägypten, Nigeria, Äthiopien, Senegal, Tadschikistan, bei 3 ist die Nationalität unklar.

Wieviele Kinder betroffen sind, ist schwer zu sagen. In manchen Fällen ist es nicht bekannt oder die Anzahl wird nicht genannt. Über 140 Kinder sind es aber für das Jahr 2017 sicher.

Wieviele Täter Roma sind, ist ebenfalls unklar, bei einem Fall ist es sicher, bei mindestens einem weiteren kann man es vermuten. In mindestens 4 Fällen ist der Täter Jeside.

Diese Zahlen können sich ändern, manchmal finden wir einen Fall erst nach Jahren.

Für das Jahr 2016 finden sich in diesem Archiv:

Ehrenmorde in Deutschland 2016:
41 (+ 4 Ungeborene)
Schwere Mordversuche:
38 (+ 1 Ungeborenes)

Zu den Tätern: Unter den Tätern sind 8 Syrer, einer davon wirft 3 Kinder aus dem Fenster. Aus der Türkei kommen 15, darunter einer, der 3 Schwestern niedersticht, aus Afghanistan 11, darunter ein Doppelmörder. Aus dem Irak sind 7 Täter, davon sind 2 Jesiden. Jeweils ein Mörder kommt aus Indien, Brasilien, Usbekistan, Tunesien, Togo, Kongo, Kamerun, Nigeria, Aserbaidschan, Tschetschenien, Ägypten, Pakistan und dem Libanon. 2 Täter kommen aus Marokko. Ein weiterer Doppelmörder kommt aus Mauritius. Aus Albanien kommen 6 Täter. Aus Serbien kommen 2 Täter, darunter 1 Roma. 3 Täter kommen aus dem Iran. In 3 Fällen ist die Nationalität unklar.

Im Verhältnis zu den Jahren davor gibt es durch den Flüchtlingsstrom ab 2015 deutlich mehr syrische Täter.

Zum Vergleich:

Für das Jahr 2015 finden sich in diesem Archiv

Ehrenmorde in Deutschland 2015:
25 (+ 1 Ungeborenes, 1 weitere Schwangerschaft ist unbestätigt)
Schwere Mordversuche:
14 (+ 1 Ungeborenes)

Zu den Tätern: 6 Täter sind aus dem Irak, zusätzlich ein Doppelmörder (Jeside) und ein Täter, der aus dem Grenzgebiet Türkei/Irak kommt (vermutlich Kurden, vermutlich Jesiden). Neben diesem Fall finden sich 13 Täter aus der Türkei und 3 weitere, deren Herkunft unklar ist, die aber vermutlich türkisch sind. Ein Täterpaar, das seine Tochter ermordet, ist aus Pakistan, bei einem Mordversuch ist der Täter vermutlich Pakistani mit britischem Pass. Ein Täter kommt aus Sri Lanka, einer aus Indien, einer von der Elfenbeinküste, einer aus Kenia, einer aus Jordanien, einer aus dem Libanon, die beiden letzteren (vermutlich) Palästinenser. Aus Syrien sind 3 Täter, aus Afghanistan 4. In einem Fall ist der Täter vermutlich ein Roma aus Bulgarien. Bei einem Fall ist die Herkunft ganz unklar.

Laut einer Untersuchung der Vereinten Nationen gibt es weltweit etwa 5.000 Ehrenmorde jährlich, davon 300 in der Türkei. Die Dunkelziffer liegt deutlich höher bei bis zu 100.000 Morden pro Jahr. Das Land mit der höchsten Ehrenmordrate dürfte Pakistan sein.

Soll man Ehrenmorde überhaupt Ehrenmorde nennen?

Ein Ehrenmord ist ein Mord im Namen der Ehre. Wenn ein Bruder seine Schwester umbringt, um die Familienehre wieder herzustellen, dann ist das ein Ehrenmord.

Manche sagen, man solle das Wort Ehrenmord nicht benutzen. Es würde implizieren, der Mord habe ein positives Motiv.

Aber die türkische (marokkanische, serbische, irakische …) Ehre ist nicht eine positive Auszeichnung. In konservativen muslimischen Gemeinschaften legitimiert die Ehre die Herrschaft des Mannes über die Frau, die Herrschaft des Familienclans über den einzelnen. Diese Ehre muss verteidigt werden, koste es, was es wolle. Sie hat nichts mit einer feinen deutschen Ehre zu tun, die einem zuteil wird, wenn man einen Preis erhält, sich geehrt fühlt oder für etwas geehrt wird.

Daher ist es wichtig, Ehrenmorde auch als solche zu bezeichnen. Es sind Verbrechen im Namen der Familienehre. Wer das Muster versteht, kann sie besser identifizieren. Zum Beispiel: Wenn man weiß, dass Ehrenmorde oft im Clan geplant werden, kann die Polizei bei den Ermittlungen das Täterumfeld gezielt danach befragen. Oder: Muss ein Mädchen vor einem Ehrenmord geschützt werden, müssen die Sicherungsmaßnahmen viel umfangreicher sein als bei der Bedrohung durch einen Einzeltäter.

Daher ist Ehrenmord die korrekte Bezeichnung für eine bestimmte Art von Beziehungstat. Im Englischen heißen die Morde im Namen der Ehre ebenfalls honour killings und im Türkischen namus cinayetleri.

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